Ermittelte Einwohnerzahlen in großen und kleinen Gemeinden basieren auf Melderegistern - nur Korrekturverfahren unterscheiden sich
Die Einwohnerzahlen des Zensus 2011 basieren für alle Gemeinden in Deutschland auf den kommunalen Melderegistern. Für die notwendige Bereinigung der Über- und Untererfassungsfehler in den Melderegistern wurden je nach Gemeindegröße unterschiedliche Verfahren gewählt. Die dafür getroffenen gesetzlichen Regelungen stützen sich auf empirische Voruntersuchungen des Zensustests 2001.
Die Ausgangsbasis für die Ermittlung der Einwohnerzahlen war beim Zensus 2011 unabhängig von der Gemeindegröße für alle Kommunen in Deutschland zunächst gleich: die kommunalen Melderegister.
Die Melderegisterangaben allein reichten aber zur Ermittlung der Einwohnerzahlen nicht aus. In den Melderegistern können Über- und Untererfassungen enthalten sein, die das Ergebnis verzerren: Es sind Menschen in einer Gemeinde gemeldet, ohne dort zu wohnen (sogenannte Karteileichen beziehungsweise Übererfassungen), oder es wohnen Menschen in einer Gemeinde, die zum Zensusstichtag dort (noch) nicht mit Hauptwohnsitz beziehungsweise alleinigem Wohnsitz gemeldet sind (sogenannte Fehlbestände beziehungsweise Untererfassungen). Diese Karteileichen und Fehlbestände mussten mit Hilfe der im Zensusgesetz angeordneten Erhebungen und Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der Zensusergebnisse (Verfahren nach §§ 7,8 und §§ 15, 16 ZensG 2011) ermittelt und statistisch korrigiert werden.
Diese statistischen Korrekturen erfolgten nach einem Stufenplan, wobei erst in der zweiten und dritten Korrekturstufe eine Differenzierung nach kleinen und großen Gemeinden erfolgte.
1. Stufe: Vollerhebung an Anschriften mit Sonderbereichen
Aus der Volkszählung 1987 war bekannt, dass die Melderegister für Anschriften, an denen Personen in Wohnheimen oder Gemeinschaftsunterkünften, zum Beispiel in Studierendenwohnheimen, Alten- und Pflegeheimen oder auch in Justizvollzugsanstalten leben, überdurchschnittlich fehlerbehaftet sind. Für den Zensus 2011 wurde deshalb eine vollständige Erhebung aller an solchen Anschriften lebenden Personen durch Interviewerinnen und Interviewer festgelegt.
2. Stufe: Mehrfachfallprüfung
Da die Melderegister in Deutschland dezentral – das heißt von den Einwohnermeldeämtern der jeweiligen Gemeinden geführt werden – kann es vorkommen, dass eine Person in mehreren Melderegistern unterschiedlicher Gemeinden mit alleinigem Wohnsitz oder mit Hauptwohnsitz eingetragen ist. Um eine unzulässige Mehrfachzählung dieser Personen (Mehrfachfälle) zu vermeiden, wurde beim Zensus 2011 im Gesamtdatenbestand aller in Deutschland gemeldeten Personen eine sogenannte Mehrfachfallprüfung durchgeführt. In Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern wurden die ermittelten potenziellen Mehrfachfälle über eine postalische Befragung zur Klärung ihres Wohnsitzes geklärt. In Gemeinden mit 10 000 oder mehr Einwohnern wurden Mehrfachfälle dagegen unter Nutzung der in den Melderegistern gespeicherten Angaben zum Einzugsdatum maschinell korrigiert.
Im Rahmen der Mehrfachfallprüfung wurden zusätzlich auch alle Personen identifiziert, die in Deutschland nur mit Nebenwohnsitz gemeldet waren. Alle diese Personen erhielten – unabhängig davon, ob sie in einer großen oder einer kleinen Gemeinde gemeldet waren – einen Fragebogen, um zu klären, wo sie am Zensusstichtag ihren Hauptwohnsitz oder ihren alleinigen Wohnsitz hatten.
3. Stufe: Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis beziehungsweise Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten
Beim Zensustest 2001 war festgestellt worden, dass die Vollerhebung an Anschriften mit Sonderbereichen und die Mehrfachfallprüfung nicht ausreichten, um mit einem registerbasierten Zensus Einwohnerzahlen gewinnen zu können, deren Qualität mit den Einwohnerzahlen aus einer traditionellen Volkszählung vergleichbar ist. Deshalb wurde in das Verfahren des Zensus 2011 eine weitere Qualitätssicherung integriert: In Gemeinden mit 10 000 oder mehr Einwohnern wurde eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis durchgeführt. In Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern fand eine Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten zwischen den Ergebnissen der Gebäude- und Wohnungszählung und den Melderegisterangaben statt.
Diese im Zensusgesetz geregelte Vorgehensweise in der dritten Bereinigungsstufe ist wie das gesamte Verfahren durch den Zensustest 2001 begründet: Dabei stellten die statistischen Ämter fest, dass die Melderegister in großen Gemeinden einen höheren Anteil an Karteileichen und Fehlbeständen enthalten als in kleinen Gemeinden. Dies bedeutet nichts anderes, als dass in kleinen Gemeinden die Registerqualität tendenziell besser ist als in großen Gemeinden. Ein Grund hierfür könnte sein, dass Menschen, die in größeren Städten leben, häufiger umziehen, sodass es dort mehr potenzielle Fehlerquellen gibt, die zu größeren Ungenauigkeiten der Melderegister führen können.
In kleinen Gemeinden wurde ein anderes Qualitätssicherungsverfahren verwendet als in größeren Gemeinden, denn mit der Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis hätte ein überproportional hoher Anteil der Bürgerinnen und Bürger befragt werden müssen, um ein repräsentatives Stichprobenergebnis zu erhalten. Dies hätte dort zu einer sehr hohen Belastung der Bevölkerung geführt. Deswegen wurde in den kleinen Gemeinden die Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten durchgeführt, die wiederum nur in kleinen Gemeinden einen hinreichenden Wirkungsgrad aufwies.
a) Das Verfahren in Gemeinden mit 10 000 oder mehr Einwohnern:
Basis für die Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl waren die Daten der kommunalen Melderegister. Im Rahmen der Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis in Gemeinden mit 10 000 oder mehr Einwohnern wurde festgestellt, wie viele Über- und Untererfassungen im Vergleich zum Melderegister tatsächlich vorhanden waren. Wurde beispielsweise ermittelt, dass unter einer Anschrift zum Zensusstichtag neun Personen wohnten, obwohl zwölf gemeldet waren, waren drei Meldungen als Karteileichen zu werten. Wurde dagegen festgestellt, dass zum Zensusstichtag unter einer Anschrift zehn Personen wohnten und nur neun gemeldet waren, war eine Person als Fehlbestand in den Melderegistern zu werten.
Die auf Basis der Stichprobe ermittelten Karteileichen und Fehlbestände wurden mittels eines mathematischen Verfahrens auf die gesamte Gemeinde hochgerechnet. Mit diesen Ergebnissen konnte dann die aus dem Melderegister abgeleitete Einwohnerzahl der Gemeinde statistisch entsprechend nach oben oder nach unten korrigiert werden.
b) Das Verfahren in Gemeinden kleiner 10 000 Einwohner:
In kleinen Gemeinden wurden Unstimmigkeiten bei Anschriften, an denen es nur eine bewohnte Wohnung gab (in der Regel bei Einfamilienhäusern) durch Interviewerinnen und Interviewer vor Ort geklärt. Unstimmigkeiten traten dann auf, wenn die Zahl der dort gemeldeten Personen von den Angaben abwich, die für diese Anschrift in der Gebäude- und Wohnungszählung angegeben worden war (Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten).
Alle genannten Korrekturverfahren zur Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahlen – sowohl bei großen als auch bei kleinen Gemeinden– ergänzten sich und ermittelten so für jede Person einen eindeutigen Hauptwohnsitz. Sie stellten sicher, dass für alle Gemeinden die Melderegister hinsichtlich ihrer Über- und Untererfassungen in vergleichbarer Qualität statistisch bereinigt wurden.