Zensusergebnisse mit großer Bedeutung - Teil 6: Die Statistik
Auch wir Statistiker haben auf die Ergebnisse des Zensus 2011 gewartet. Denn schließlich basieren viele Statistiken auf den amtlichen Einwohnerzahlen. Im letzten Teil unserer Serie stellen wir Ihnen deshalb zwei Beispiele vor, die zeigen, welche Rolle die amtlichen Einwohnerzahlen in der Statistik spielen und warum aktuelle Daten zur bundesdeutschen Bevölkerung notwendig sind.
Beispiel 1: Der Mikrozensus
Der Mikrozensus ist die amtliche Repräsentativstatistik über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt in Deutschland. Durch eine jährliche Befragung von etwa 1 % der Bevölkerung liefert der Mikrozensus kontinuierliche und thematisch breit gefächerte Informationen – zum Beispiel über Haushalts- und Familienstrukturen, über die Situation am Arbeitsmarkt und zur Erwerbstätigkeit, zur Ausbildung und Weiterbildung, zum Migrationshintergrund sowie zur Einkommenssituation.
Damit die Ergebnisse aus dieser Befragung wirklich repräsentativ sind, werden die Befragten für den Mikrozensus über ein Zufallsverfahren so ausgewählt, dass alle Haushalte die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit haben. Hierfür werden zufällig Auswahlbezirke auf Basis von Wohnungen und Personen gezogen, in welchen dann alle dort lebenden Haushalte und Personen befragt werden.
Die Ergebnisse aus diesen Befragungen werden dann anhand der Einwohnerzahlen wieder auf alle Einwohnerinnen und Einwohner hochgerechnet. Mit anderen Worten: Ohne Basisdaten zum Gebäude- bzw. Wohnungsbestand und zur Bevölkerung aus dem Zensus als Grundlage für die Stichprobenziehung und die anschließende Hochrechnung wäre eine stichprobenbasierte Statistik wie der Mikrozensus überhaupt nicht denkbar.
Die Auswahlbezirke für den Mikrozensus werden übrigens nach wie vor aus dem Material der Volkszählung 1987 gebildet; für die neuen Bundesländer wurde auf der Basis des "Bevölkerungsregister Statistik" eine vergleichbare Auswahlgrundlage erstellt. Mit Hilfe der Bautätigkeitsstatistik wird die Auswahl aktualisiert. Daran ist leicht zu erkennen: Die amtliche Statistik benötigt dringend aktuelle Basisdaten, um Daten von gleichbleibend hoher Qualität zu produzieren.
Beispiel 2: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP)
Es gibt Statistiken, die zunächst ganz unabhängig von der Einwohnerzahl ermittelt werden können. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als der zentrale Indikator für Wachstum und Konjunktur ist dabei eine der Bekanntesten. Es misst den Wert aller im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen, soweit diese nicht als Vorleistungen für die Produktion anderer Waren und Dienstleistungen verwendet werden.
Das Bruttoinlandsprodukt ist nicht nur Grundlage für zentrale politische Entscheidungen und Standortbestimmungen, sondern findet seinen Niederschlag explizit in den Niederschriften der Maastrichter Verträge. Darin ist festgelegt, dass in den Mitgliedstaaten das öffentliche Defizit 3 % des Bruttoinlandsproduktes nicht übersteigen darf. Der öffentliche Schuldenstand darf maximal 60 % des Bruttoinlandsproduktes erreichen.
Und wofür ist nun bei diesem wirtschaftlichen Indikator die Einwohnerzahl wichtig?
Ganz einfach: Um das Wohlstandsniveau bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt unterschiedlich großer Volkswirtschaften überhaupt erst vergleichbar zu machen, wird das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner berechnet. Dies ist im europäischen und internationalen Vergleich zur Messung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität und somit des wirtschaftlichen Entwicklungsstandes üblich. Zum Beispiel richtet sich auch die Vergabe etwaiger Fördergelder aus den EU-Strukturfonds nach dem jeweiligen Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner.
[Artikel aktualisiert am 29.05.2013]